Holzelfingen · St. Blasius 8.1 Baupläne 1902-1907

Neubau / Erweiterungsbau 1902/03

Schon 1902 beschloß die Kirchgemeinde die Vergrößerung der Kirche. Im Protokoll der Sitzung des Kirchengemeinderats vom 06.07.1902 liest man:

Am 6. Juli 1902

§ 1

Da die Orgel nach dem Urteil des Organisten & der Ansicht sonstiger Sachverständiger nicht mehr in allen Registern brauchbar ist & in der Mechanik der Orgel immer wieder geflickt werden muß, da ferner die Orgel an der Konfirmation versagt hat, muß der Anschaffung einer neuen Orgel immerhin näher getreten werden.
Es fragt sich nun, soll die neue Orgel einfach an den alten Platz gestellt werden. Dies wäre wohl mit den kleinsten Kosten verknüpft. Allein der Chor ist der schönste & architektonisch reichste Teil der Kirche, kommt aber durch den Einbau der Orgel nicht so recht zur Geltung, auch ist es für liturgische Gottesdienste nicht geschickt, daß die Orgel hinter dem Altar sich befindet & nicht mit ihm correspondiert.
Um nun die Lösung dieser Dinge zu befördern, hat der Vorsitzende sich entsprechend dem Wunsch des Kirchengemeinderats mit Baurat Theophil Frey in Stuttgart ins Benehmen gesetzt. Architekt Frey hat von der Kirche Einsicht genommen und es wohl des Versuches wert gehalten, einen Plan über den Neubau der Kirche auszuarbeiten. Dieser Plan würde den schadhaften Dachstuhl berücksichtigen & um Platz für die Orgel gegenüber dem Chor zu gewinnen würde mit der Schmalseite der Kirche um etliche Meter hinausgerückt auch soll der Raum um die Kirche durch Cementierung [fehlt Zeile} gelangt & der Boden der Kirche selbst etwas erhöht werden auch auf die Felsen, auf denen das Fundament der Kirche ruht geachtet werden, da das Gestein gegen die Straße hin mehr & mehr abbröckelt.
Mit Berücksichtigung aller dieser Punkte soll ein Plan entworfen & ein Kostenüberschlag gefertigt werden auf Grund dessen dann weitere Beschlüsse gefaßt werden können. Die Fertigung des Plans wird dem Baurat Th. Frey Stuttgart übertragen. …

Hieraus kann man schließen, dass die Orgel bis zum Neubau im Chor aufgestellt war und Frey sie auf die Westempore verlegen wollte.

Brief von Th. Frey an Pfarrer Kober am 03.01.1903

Stuttgart, den 3. Januar 1903.

Verehrter Herr Pfarrer Kober!

Mit diesem übersende ich Ihnen einen Entwurf zur Renovation Ihrer Kirche mit einem summarischen Kostenanschlag im Betrag von 29,000 M.- Die Arbeit wird etwa ähnlich wie die in St. Bernhardt, da es sich hier wie dort um die Verlängerung des Langhauses handelt; nur habe ich mir die Ausführung etwas einfacher gedacht, hingegen statt der horizontalen Decke, wie in St. Bernhardt, hier in Holzelfingen eine gewölbte Decke. In St. Bernhardt stellten sich die Baukosten mit Umgebung etc. zum Schluß auf ca. 34,000 M. In Holzelfingen wird sich die Sache etwas anders stellen, es könnten sich aber die 28,400 bezw. 29 000 M auch noch etwas erhöhen, wenn möglich aber nicht. Die genauen Kosten wird man erst erhalten, wenn ein genauer Kostenanschlag vorliegt, diesen kann ich aber erst herstellen, wenn mein Entwurf genehmigt ist, d.h. wenn ich weiß ob mein Vorschlag Anklang findet.
Im großen westl. Giebel habe ich wenig Fenster angebracht, da hier der Sturm und Westwind stark einwirkt; zur Beleuchtung der Orgelempore sind aber südl. und nördlich zwei Giebel mit Fenstern in Aussicht genommen, so daß die Orgelempore ganz hell beleuchtet werden wird.
Das alte Dach, das ganz kaputt ist wird heruntergenommen werden müssen, und hierfür ein neues Dach, das gewölbt wird, aufgesetzt. Die Wölbung des Daches, wird sich dem Chorbogen anschließen.
Die Kanzel denke ich mir nahe an den Chorbogen gerückt, so daß der Orfen in die Ecke gestellt werden kann, und dort ein neuer Kamin aufgemauert wird.

Nun ich hoffe, daß Sie aus den Plänen genau ersehen, wie die neue Einrichtung werden soll. Die Baukosten werden freilich etwas höher als Sie gedacht haben. Wenn die Gemeinde etwas machen will, so ist es doch besser sie macht es gleich recht. Um 10,000 M. läßt sich der Umbau nicht bewerkstelligen, da müßte man die Kirche in ihrer jetzigen Größe belassen.
Nach meinem Vorschlag erhält man mit den Kirchensitzen im Chor zus. 444 Sitzplätze, was für eine gute kirchliche Gemeinde, mit 707 Einwohnern, nicht zu viel sein dürfte.

Hochachtungsvoll
grüßt Ihr ergebener
Th. Frey, Baurat

KGR Protokoll vom 26.02.1903

Verhandelt am 26. Febr. 1903

NZ -: 7 / Anw. -: 7 Mitglieder

§ 1

Gemäß dem Beschluß des Kirchengemeinderats vom 6. Juli 1902 hat der Ortsgeistliche den Architekten Baurat Th. Frey die Fertigung eines Plans zu einer Kirchenrenovation anläßlich des Orgelbaus aufgefordert. Die Pläne sind nun eingetroffen, der Kostenüberschlag beträgt 30 000 M. das Kollegium nimmt hiervon Kenntnis. Der ganzen Finanzlage der bürg. & kirchlichen Gemeinde entsprechend kann aber die kirchliche oder bürgerliche Gemeinde von sich aus die Kosten für eine nötige Renovation nicht aufbringen. Dem Vorsitzende wird dementsprechend beauftragt zur Erlangung einer Kirchenkollekte die nötigen Schritte zu thun & zu dem Zweck bei dem K. Konsistorium anzufragen, nötigenfalls durch mündliche Rücksprache mit dem Referenten H. Oberkonsistorialrat Römer.

Die Pläne selber werden im Prinzip angenommen & sollen wenn sich die Mittel hiezu finden von einigen kleinen Abänderungen abgesehen ausgeführt werden.

Neubau / Erweiterungsbau Planung 1907

Die Finanzierung stellte sich als problematisch heraus, erst nach 4 Jahren wurde das Büro Frey/Müller wieder aktiv, nun aber nicht der Vater Theophil Frey (1904 verstorben), sondern sein Sohn Walter. Dieser übernahm im Wesentlichen die Pläne des Vaters von 1902/03.

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    • Frrey 1903 - Mappe

    • Frey 1907 - Mappe

    • Frey 1903 - Grundriss EG

    • Frey 1907 - Grundriss EG

    • Frey 1903 - Grundriss Empore

    • Frey 1907 - Grundriss Empore

    • Frey 1903 - Ansicht nach Süden

    • Frey 1907 - Ansicht nach Süden

    • Frey 1903 - Längsschnitt

    • Frey 1903 - Schnitt zum Chor und zur Orgelempore

    • Frey 1903 - Ansicht nach Westen

    • Frey 1907 - Ansicht nach Westen

Frey 1907 - Gesamtsicht

Gutachten Merz 16.09.1907

Das Gutachten des Oberkonsistorialrats Johannes Merz ist im Protokollband des KGR in Abschrift erhalten:

16.09.1907

Abschrift / Gutachten

Der Plan und Voranschlag im ganzen ist nicht zu beanstanden. Im einzelnen wären zu raten:
1. der Ausbau rechts und links von der Orgel sollte unterbleiben, das nötige Licht läßt sich auch bei niederen Fenstern erzielen, es wird dadurch eine Ersparnis eintreten und das Äußere wie das Innere wird entschieden gewinnen;
2. eine andere Konstruktion der Decke sollte versucht werden, welche sich dem einfachen Bau besser anpaßt und die Proportionen des Innenraums weniger zerstört.
3. In der Detailgestaltung des kleinen ländlichen Bauwesens dürften alle entbehrlichen Details vermieden werden (Giebelseite des Schiffs, Türe u. s. w.)
(gez.) Merz

KGR Protokoll vom 06.03.1908

Verhandelt am 6. März 1908

NZ -: 7, Anw -: 7 Mitglieder

§ 1

Zufolge hohen KonsistorialErlaß No 17 550 vom 16. Sept. 1907 wird der Plan den die Architekten Frey & Müller gefertigt haben nicht weiter beanstandet und der Kirchengemeinderat hätte noch darüber Beschluß zu fassen, daß das Bauwesen durch den Architekten Frey ausgeführt werden soll.
Nun hat unterdessen der Vorsitzende mit Herrn Oberkonsistorialrat Dr. von Merz persönlich Rücksprache genommen und über einzelne Punkte des Bauplans verhandelt, hauptsächlich den, daß die Kirche zu tief im Boden steckt und notwendig höher gehoben werden muß. Auch ist unterdessen in der Firma Frey & Müller eine Änderung vorgegangen, die den Austritt des Architekten Müller zur Folge hatte. Nun hat der Vorsitzende nicht mehr den Mut, den Kirchbau dem Architekten Walter Frey zu übertragen von dessen Können noch nirgends selbstständige Proben zu sehen sind. Herr Dr. Merz hat auch Walter Frey als nicht gerade hervorragenden Schüler von Theodor Fischer geschildert. Hierauf kommt der Kirchengemeinderat zu dem Entschluß
1) davon abzusehen, daß die weitere Fertigung des Plans zum Neubau unserer Kirche dem Architekten Walter Frey übertragen werde und dementsprechend ihn auch nicht mit der Bauausführung zu betrauen.
2) den Vorsitzenden zu beauftragen, mit dem von Herrn Oberkonsistorialrat Dr. von Merz warm empfohlenen Architekten Martin Elsäßer hinsichtlich unserer Kirchbauangelegenheit in Unterhandlung einzutreten & denselben zu einer Besprechung an Ort & Stelle einzuladen.

Hinweis zu den Quellen